vorangegangene Seite in diesem Kapitel  nächste Seite in diesem Kapitel

 

Eulersche Polyeder-Formel

Da wir schon Ecken, Kanten und Flächen gezählt haben, lohnt sich ein Blick auf die Tabelle:
 

Polyeder

Ecken

Kanten

Flächen

Tetraeder

4

6

4

Würfel

8

12

6

Oktaeder

6

12

8

Sternkörper

14

36

24

n-Eck-Säule

2n

3n

n + 2

n-Eck-Pyramide

n + 1

2n

n + 1

n-Eck-Doppelpyramide

n + 2

3n

2n

¶ Eulersche Polyeder-Formel:

E - K + F = 2

Fahren Sie mit der Maus 
über die einzelnen Polyeder 
in der linken Spalte ...

Zwei Beweise der Eulerschen Polyeder-Formel

Vorbereitung der Beweise: Wir stellen uns den Polyeder aus Plastik und luftgefüllt vor, den man unter Druck aufblasen kann, ohne dass er zerplatzt. Dabei wird aus dem Polyeder schließlich eine Kugel mit einem Kugel-Netz, bei dem die Anzahl der Ecken, Kanten und Flächen die selbe ist wie beim Polyeder.
Zwar haben sich die Form der Flächen und Kanten durch das Aufblasen verändert, aber für das Kugel-Netz gilt (wie für den Polyeder):

  1. Jede Fläche ist von einem und nur einem geschlossenen Kantenzug eingegrenzt.
  2. Jede Kante gehört zu zwei Flächen.
  3. Jede Kante endet in zwei Ecken.
  4. Von jeder Ecke kann man zu jeder anderen Ecke auf (mindestens) einem Kantenzug gelangen.
Wir werden zeigen:
Für jedes Kugel-Netz mit den Eigenschaften i - iv gilt die Formel E - K + F = 2.
Dann muss die Formel auch für den Polyeder gelten.
 
1. Beweis (in Anlehnung an H.S.M. Coxeter, Unvergängliche Geometrie):
Idee: Jedes Kugel-Netz mit den Eigenschaften i - iv kann Kante um Kante aus dem einfachsten Kugel-Netz aufgebaut werden.
 
Was ist das einfachste Kugel-Netz mit den Eigenschaften i - iv? Nun dasjenige, das nur einen geschlossenen Kantenzug besitzt: Er hat genau so viel Ecken wie Kanten und erzeugt auf der Kugel zwei Flächen: E - K + F = 2.
 
Nun fügen wir sukzessive Kante um Kante hinzu, d. h. die Kantenzahl K wird bei jedem Hinzufügen um 1 erhöht. Um nicht gegen die Eigenschaften i - iv zu verstoßen, soll die neue Kante an einer vorhandenen Ecke, nennen wir sie A, beginnen und in einer weiteren Ecke B enden. Dabei können zwei Fälle auftreten: Fazit: Am Anfang war E - K + F = 2 und E - K + F ändert sich beim Aufbau des Kugel-Netzes nicht.
 
2. Beweis (in Anlehnung an H. Rademacher/O. Toeplitz, Von Zahlen und Figuren):
Idee: Wir färben eine Fläche des Kugel-Netzes ein. Durch sukzessives Entfernen einer Kante werden Nachbarflächen vereinigt und eingefärbt, bis die ganze Kugel eingefärbt ist.
 
Bedingung für das Entfernen einer Kante ist also, dass die eine der angrenzenden Flächen schon gefärbt ist, die andere nicht. Da es insgesamt F Flächen gibt, muss man also F - 1 Kanten entfernen bis die ganze Kugel eingefärbt ist.
Am Schluss bleibt noch ein Rest-Netz aus E Ecken (es wurden ja keine Ecken entfernt!) und einer gewissen Anzahl von Kanten übrig. Wir werden zeigen, dass es noch genau E - 1 Kanten sind. Folglich war die Gesamtzahl K der Kanten am Anfang gleich (F - 1) + (E - 1).
Anders ausgedrückt: Am Anfang war K = E + F - 2 bzw. E - K + F = 2.
 
Bleibt noch der Beweis der Behauptung: Im Rest-Netz ist die Kantenzahl um 1 kleiner als die Eckenzahl.
 
Beim sukzessiven Abbau des Kugel-Netzes darf eine Kante nur aus einem geschlossenen Kantenzug entfernt werden (warum?). Kam man vorher möglicherweise noch auf (mindestens) zwei Wegen von einer Ecke zu einer anderen Ecke des Netzes, so bleibt nach Entfernen einer Kante noch (mindestens) ein Weg bestehen.
 
Am Schluss gelangt man allerdings von jeder Ecke A des Rest-Netzes zu jeder anderen Ecke B nur noch auf genau einem Kantenzug; denn gäbe es noch zwei, dann bildeten sie einen geschlossenen Kantenzug, der auf einer Seite eine noch ungefärbte Fläche hätte. (Ein Netz mit der Eigenschaft, dass man von jeder Ecke jeder anderen Ecke auf genau einem Kantenzug gelangen kann, nennt man in der Graphentheorie einen Baum.)
 
Wir betrachten nun einen festen Punkt A des Rest-Netzes und gehen von A aus auf einem Kantenzug (benutzen dabei jede Kante nur einmal!), bis wir zu einer Ecke B kommen, von der aus keine Kante weiterführt; eine solche Ecke muss es geben, sonst ... . Wir entfernen nun die Ecke B und die zu ihr führende Kante aus dem Rest-Netz. Auch in dem verbleibenden Netz gelangt man wieder von jeder Ecke zu jeder anderen Ecke auf genau einem Kantenzug. Deshalb können wir das Verfahren wiederholen, bis schließlich nur noch die Ecke A, aber keine Kante mehr übrig bleibt. In dem Verfahren wurden insgesamt genau so viel Ecken wie Kanten entfernt. Also besaß das Rest-Netz ursprünglich E - 1 Kanten.

 

 

 

<<   >>