Eulersche Polyeder-Formel
Da wir schon Ecken, Kanten und Flächen gezählt haben, lohnt sich ein Blick auf die
Tabelle:
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¶ Eulersche Polyeder-Formel:
E - K + F = 2

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Zwei Beweise der Eulerschen Polyeder-Formel
Vorbereitung der Beweise: Wir stellen uns den Polyeder aus Plastik und luftgefüllt vor, den
man unter Druck aufblasen kann, ohne dass er zerplatzt. Dabei wird aus dem Polyeder schließlich
eine Kugel mit einem Kugel-Netz, bei dem die Anzahl der Ecken, Kanten und Flächen die selbe ist
wie beim Polyeder.
Zwar haben sich die Form der Flächen und Kanten durch das Aufblasen verändert, aber für
das Kugel-Netz gilt (wie für den Polyeder):
- Jede Fläche ist von einem und nur einem geschlossenen Kantenzug eingegrenzt.
- Jede Kante gehört zu zwei Flächen.
- Jede Kante endet in zwei Ecken.
- Von jeder Ecke kann man zu jeder anderen Ecke auf (mindestens) einem Kantenzug gelangen.
Wir werden zeigen:
Für jedes Kugel-Netz mit den Eigenschaften i - iv
gilt die Formel E - K + F = 2.
Dann muss die Formel auch für den Polyeder gelten.
1. Beweis (in Anlehnung an H.S.M. Coxeter, Unvergängliche
Geometrie):
Idee: Jedes Kugel-Netz mit den Eigenschaften i - iv kann Kante um
Kante aus dem einfachsten Kugel-Netz aufgebaut werden.
Was ist das einfachste Kugel-Netz mit den Eigenschaften i - iv? Nun dasjenige, das nur einen
geschlossenen Kantenzug besitzt: Er hat genau so viel Ecken wie Kanten und erzeugt auf der Kugel
zwei Flächen: E - K + F = 2.
Nun fügen wir sukzessive Kante um Kante hinzu, d. h. die Kantenzahl K wird bei jedem
Hinzufügen um 1 erhöht. Um nicht gegen die Eigenschaften i - iv zu verstoßen, soll
die neue Kante an einer vorhandenen Ecke, nennen wir sie A, beginnen und in einer weiteren Ecke B
enden. Dabei können zwei Fälle auftreten:
- B ist eine neue Ecke; d.h. Die Eckenzahl erhöht sich um 1, aber eine neue Fläche
entsteht so nicht. Also bleibt E - K + F unverändert.
- B ist eine vorhandene Ecke. Wegen iv musste man schon vorher von A nach B gelangen; durch
Hinzufügen der neuen Kante ist ein zusätzlicher geschlossener Kantenzug und damit
eine neue Fläche entstanden. Insgesamt bleibt E - K + F unverändert.
Fazit: Am Anfang war E - K + F = 2 und E - K + F ändert sich beim Aufbau des Kugel-Netzes nicht.
2. Beweis (in Anlehnung an H. Rademacher/O. Toeplitz,
Von Zahlen und Figuren):
Idee: Wir färben eine Fläche des Kugel-Netzes ein.
Durch sukzessives Entfernen einer Kante werden Nachbarflächen vereinigt und eingefärbt,
bis die ganze Kugel eingefärbt ist.
Bedingung für das Entfernen einer Kante ist also, dass die eine der angrenzenden Flächen
schon gefärbt ist, die andere nicht. Da es insgesamt F Flächen gibt, muss man also F - 1
Kanten entfernen bis die ganze Kugel eingefärbt ist.
Am Schluss bleibt noch ein Rest-Netz aus E Ecken (es wurden ja keine Ecken entfernt!) und einer
gewissen Anzahl von Kanten übrig. Wir werden zeigen, dass es noch genau E - 1 Kanten sind.
Folglich war die Gesamtzahl K der Kanten am Anfang gleich (F - 1) + (E - 1).
Anders ausgedrückt: Am Anfang war K = E + F - 2 bzw. E - K + F = 2.
Bleibt noch der Beweis der Behauptung: Im Rest-Netz ist die Kantenzahl um 1 kleiner als die Eckenzahl.
Beim sukzessiven Abbau des Kugel-Netzes darf eine Kante nur aus einem geschlossenen Kantenzug
entfernt werden (warum?). Kam man vorher möglicherweise noch auf (mindestens) zwei Wegen
von einer Ecke zu einer anderen Ecke des Netzes, so bleibt nach Entfernen einer Kante noch
(mindestens) ein Weg bestehen.
Am Schluss gelangt man allerdings von jeder Ecke A des Rest-Netzes zu jeder anderen Ecke B nur
noch auf genau einem Kantenzug; denn gäbe es noch zwei, dann bildeten sie einen geschlossenen
Kantenzug, der auf einer Seite eine noch ungefärbte Fläche hätte. (Ein Netz mit der
Eigenschaft, dass man von jeder Ecke jeder anderen Ecke auf genau einem Kantenzug gelangen kann,
nennt man in der Graphentheorie einen Baum.)
Wir betrachten nun einen festen Punkt A des Rest-Netzes und gehen von A aus auf einem Kantenzug
(benutzen dabei jede Kante nur einmal!), bis wir zu einer Ecke B kommen, von der aus keine Kante
weiterführt; eine solche Ecke muss es geben, sonst ... . Wir entfernen nun die Ecke B und die
zu ihr führende Kante aus dem Rest-Netz. Auch in dem verbleibenden Netz gelangt man wieder von
jeder Ecke zu jeder anderen Ecke auf genau einem Kantenzug. Deshalb können wir das Verfahren
wiederholen, bis schließlich nur noch die Ecke A, aber keine Kante mehr übrig bleibt. In
dem Verfahren wurden insgesamt genau so viel Ecken wie Kanten entfernt. Also besaß das
Rest-Netz ursprünglich E - 1 Kanten.
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